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Book of the month
Mai 2025

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken von Sarah Lorenz

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Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken - Eine leise Hommage an das Überleben, das Erzählen und Mascha Kaléko

Manchmal reicht ein Name, damit ein Buch den Weg zu mir findet.


Mascha Kaléko


Ich entdeckte ihn im Klappentext – und wusste sofort: Dieses Buch will ich lesen. Nicht weil ich wusste, was mich erwartet, sondern weil Maschas Stimme mir vertraut ist. Ihre Zeilen begleiten mich seit Jahren. Nicht laut. Aber zuverlässig. Wie ein Gedicht, das nicht vorgelesen werden muss, um zu wirken.

„Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“ von Sarah Lorenz ist kein Roman über Mascha Kaléko. Aber sie ist darin. Und sie bleibt. Als literarische Gefährtin, als stille Zuhörerin, als jemand, der nicht urteilt.


Elisa und das leise Erzählen


Im Zentrum steht Elisa – eine junge Frau, die dem Leben nicht ausweicht, obwohl es ihr selten leichtfiel. Heime. Wohngemeinschaften. Nächte auf der Domplatte. Kein Ort, an dem man bleibt. Aber viele, die Spuren hinterlassen.

Elisa spricht zu Mascha. So, wie man mit jemandem spricht, den man bewundert. Jemandem, der einen nicht fragt, warum man so geworden ist – sondern einfach da ist. Und Mascha ist da. Nicht als Figur. Eher wie ein Resonanzraum.

Elisa erzählt mit einer bemerkenswerten Klarheit. Sie beschönigt nichts. Aber sie macht es auch nicht schwerer als es ist. Ihre Worte tragen Gebrauchsspuren – und genau das macht sie glaubhaft. Es ist ein Erzählen ohne Absicht. Ohne Pose. Nur mit dem Bedürfnis, gehört zu werden.

Und irgendwann, beinahe beiläufig, sagt sie: „Siehst du, Mascha, ich bin deinem Rat gefolgt: Ich war klug und hielt mich an Wunder.“

Ich blieb daran hängen. Nicht weil es ein kunstvoller Satz war – sondern weil ich ihn kannte. Eine Variation der berühmten Zeile aus Rezept, einem meiner liebsten Gedichte von Mascha Kaléko. Für mich war sie nie ein bloßes Zitat, sondern eher wie etwas, das man still mit sich trägt. Und hier war sie plötzlich Teil von Elisas Rückschau. Nicht als Zierde. Sondern weil sie passte. Weil sie notwendig war.


Bücher, die bleiben


Sarah Lorenz schreibt mit leiser Kraft. Sie erzählt nicht aus der Distanz, sondern von innen. Ihre Sprache trägt Nähe, aber keine Aufdringlichkeit. Sie lässt Raum. Für Gedanken, für Erinnerung, für Schweigen. Und in diesem Raum wächst etwas, das selten geworden ist: Vertrauen.

Dass Elisa Bücher liebt, versteht man sofort. Schon als Teenager trägt sie Christiane F. in der Tasche, später Faust im Reclam-Heft – ungelesen, aber nie vergessen. Bücher sind für sie mehr als Texte. Sie sind Schutz, Flucht, Verwandlung. Und irgendwann auch Verbindung. Zu Mascha. Und zu sich selbst.

Was für Elisa Trost ist, wird für uns Leser:innen zu einem Echo. Nicht alles muss erlebt werden, um verstanden zu werden. Manchmal reicht ein Blick. Oder ein Satz. Oder ein Buch.

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